Unterwerfung und Utopie: Die Frankfurter Schule und das Kino
Unterwerfung und Utopie: Die Frankfurter Schule und das Kino
Unterwerfung und Utopie: Die Frankfurter Schule und das Kino
Sommersemester 2021, Institut für Theater-, Film- und Medienwissenschaft
Dozent: Dr. Daniel Fairfax
Kursbeschreibung:
“Aus jedem Besuch des Kinos komme ich bei aller Wachsamkeit dümmer und schlechter wieder heraus.”
Dieses berüchtigte Zitat von Theodor Adornos Minima Moralia gilt als Beweis für eine andauernde Feindseligkeit zwischen einer der Grundüngsfiguren der Frankfurter Schule und dem Medium des Kinos. Zwar war der Film für Adorno und Max Horkheimer eines der effektivsten Werkzeuge der “Kulturindustrie” in modernen Gesellschaften, die dazu diente, die Heraufkunft einer befreiten Welt zu vereiteln. Andere Denker, die mit dem Institut für Sozialforschung assoziert war, wie etwa Siegfried Kracauer oder Walter Benjamin, erkannten jedoch die künstlerischen Möglichkeiten des Films, wenn er von den kommerziellen Geboten der kapitalistischen Filmindustrie entfesselt wird, und Texte wie “Das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit” und Von Caligari zu Hitler sind jetzt Grundpfeiler der Filmwissenschaft. Auch bei Adorno gab es hin und zu Momente, wo er ein nuancierteres Verständnis der Funktion des Bewegtbildes als ästhetisches Material anbietet, und es ist beachtenswert, dass einer seiner geistreichsten Schüler, Alexander Kluge, zu einem der wichtigsten Mitglieder des deutschen Kinos geworden ist.
In diesem Seminar untersuchen wir das konstellarische Verhältnis zwischen der Filmproduktion des zwanzigsten Jahrhunderts und der kritischen Theorie der Frankfurter Schule, deren Hauptvertreter oft äußerst diverse Perspektiven zum Kino erläutert haben.
Logistische Verfahren:
Bis auf weiteres wird das Seminar per Zoom durchgeführt, mit dem folgenden Link: .
https://uni-frankfurt.zoom.us/j/95390939289?pwd=SnVEVlZiUXFLYkQvOXMvS0tjdTlqUT09
Meeting ID: 953 9093 9289
Passcode: 681830
Das Seminar ist teilnehmerbeschränkt, mit 30 verfügbaren Plätzen. Ab 30 Plätzen gibt es eine Warteliste. Institutsinternen Studierenden wird Vorrang gegeben. Die ersten zwei Sitzungen sind offen für eingeschriebene Teilnehmende sowie Studierende auf der Warteliste. Ab der dritten Sitzung wird die Warteliste geschlossen.
Alle Sitzungen werden von einer verpflichtenden Filmsichtung begleitet, die um 14 Uhr stattfindet (die erste Sichtung ist wegen Überlänge um 14:00 s.t., die anderen um 14:00 c.t.). Die Filme werden für alle Teilnehmende online zugänglich sein.
Scheine:
Voraussetzungen des Teilnahmescheins sind:
- Regelmäßige Anwesenheit bei Seminarsitzungen,
- Besichtigung der Filme
- Lesung der Kurstexte
- Wöchentliche Einreichung von Lesekarten (Mailadresse: <danielfairfaxseminar@gmail.com>
- Ein Referat pro Semester (entweder allein oder in kleinen Gruppen)
Für den Leistungsschein ist zusätzliche zum Obengenannten eine Hausarbeit erforderlich, deren Länge von den Voraussetzungen des Studiengangs abhängig ist.
Die Kurssprache is deutsch, ber schriftliche Aufgaben können auf deutsch oder englisch eingereicht werden.
Seminarplan:
- 15. April: Einleitung
Lesung:
Miriam Hansen, “Film, Medium of a Disintegrating World,” Cinema and Experience, S. 3-40.
Walter Benjamin, Unveröffentlichtes Fragment von “Das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit,” Gesammelte Schriften Bd. I.3, S. 1040.
Adorno, “Zweimal Chaplin,” in Kulturkritik und Gesellschaft, S. 362-366.
Sichtung (14:00 s.t.):
The Great Dictator (Charles Chaplin, 1940, 124min)
- 22. April: Massenkultur
Lesung:
Siegfried Kracauer, “Auslese,” in Die Angestellten, S. 17-25.
Siegfried Kracauer, “Das Ornament der Masse,” in Das Ornament der Masse, S. 50-63.
Siegfried Kracauer, “Die kleinen Ladenmädchen gehen ins kino,” in Das Ornament der Masse, S. 279-294.
Siegfried Kracauer, “Kult der Zerstreuung,” in Das Ornament der Masse, S. 311-317.
Sichtung:
Die Menschen am Sonntag (Robert Siodmak/Edgar Ulmer, 1930, 74min)
- 29. April: Kulturindustrie
Lesung:
Theodor Adorno/Max Horkheimer, “Kulturindustrie, Aufklärung als Massenbetrug,” Dialektik der Aufklärung, S. 128-176.
Theodor Adorno, “Résumé über Kulturindustrie,” in Gesellschaft und Kulturkritik Bd. I, S. 337-345.
Theodor Adorno/Hans Eisler, “Prejudices and Bad Habits,” in Composing for the Films, S. 1-12.
Theodor Adorno, “Fernsehen als Ideologie,” in Kulturkritik und Gesellschaft, S. 517-532.
Sichtung:
To Be or Not to Be (Ernst Lubitsch, 1942, 99min)
- 6. Mai: Reproduktion
Lesung:
Walter Benjamin, “Das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit, Fassung von 1939,” in Das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit, S. 7-50.
Walter Benjamin, “Theater und Rundfunk,” Gesammelte Schriften II.2, S. 773-776.
Walter Benjamin, “Kleine Geschichte der Photographie,” Gesammelte Schriften II.1, S. 368-385.
Theodor Adorno, “Brief an Benjamin,” in Das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit, S. 73-80.
Sichtung:
Three Songs of Lenin (Dziga Vertov, 1934, 65min)
- Mai: fällt aus (Feiertag)
- 20. Mai: Unterwerfung
Lesung:
Siegfried Kracauer, “Einleitung,” in Von Caligari zu Hitler, S. 9-18.
Siegfried Kracauer, “Von der Auflehnung zur Unterwerfung,” in Von Caligari zu Hitler, S. 124-138.
Siegfried Kracauer, “Für eine bessere Welt,” in Von Caligari zu Hitler, S. 244-264.
Sichtung:
Das Testament des Dr. Mabuse (Fritz Lang, 1933, 115min)
- 27. Mai: Realismus
Lesung:
Siegfried Kracauer, “Grundbegriffe,” in Theorie des Films, S. 53-70.
Siegfried Kracauer, “Die Darstellung physischer Realität,” in Theorie des Films, S. 71-94.
Siegfried Kracauer, “Affinitäten,” in Theorie des Films, S. 94-112.
Sichtung:
Die Straße (Karl Grune, 1923, 95min)
- Juni: fällt aus (Feiertag)
- Freitag, 4. Juni, 12:00 Uhr (Ausfalltermin): Spezifizität
Lesung:
Georg Lukács, “Gedanken zu einer Ästhetik des ‘Kino’,” Zeitschrift für Germanistik 11:6 (Dez. 1990), S. 710-713.
Georg Lukacs, “Es geht um den Realismus,” in Das Wort 6 (Juni 1938), S. 112-138.
Georg Lukacs, “Grenzfragen der ästhetischen Mimesis: V. Film,” Eigenart des Ästhetischen, S. 489-520.
Theodor Adorno, “Erpresste Versöhnung,” Noten zur Literatur, S. 251-280.
Sichtung (Freitag, 4. Juni, 10:00 Uhr):
Stille und Schrei (Miklos Jancso, 1968, 73min), Henry V (Laurence Olivier, 1944, extract)
- 10. Juni: Errettung
Lesung:
Siegfried Kracauer, “Film in unserer Zeit,” Theorie des Films, S. 371-402.
Theodor Adorno, “Gesellschaft und Kulturkritik,” in Gesellschaft und Kulturkritik Band I, S. 11-30.
Sichtung:
Germania anno zero (Roberto Rossellini, 1948, 78min)
- 17. Juni: Verfremdung
Lesung:
Bertolt Brecht, “Anmerkungen zur Oper ‘Aufstieg und Fall der Stadt Mahagonny’,” Schriften Band VI, S. 102-113.
Bertolt Brecht, “Der Rundfunk als Kommunikationsapparat,” Schriften Band VI, S. 146-151.
Bertolt Brecht, “Der Dreigroschenprozess” in Das Dreigroschenbuch.
Walter Benjamin, “Der Autor als Produzent,” in Versuche über Brecht, S. 101-120.
Walter Benjamin, “Was ist das epische Theater?, Teil I und II, in Versuche über Brecht, S. 17-39.
Theodor Adorno, “Engagement,” in Noten zur Literatur, S. 409-430.
Sichtung:
Kuhle Wampe (Bertolt Brecht/Slatan Dudow, 1931, 69min)
- 24. Juni: Montage
Lesung:
Walter Benjamin, “Paris, die Hauptstadt des XIX. Jahrhunderts,” S. 45-59.
Walter Benjamin, “Erkenntnistheoretisches, Theorie des Fortschritts,” Konvolute N, in Das Passagenwerk, S. 570-611.
Walter Benjamin, “Über den Begriff der Geschichte,” Gesammelte Schriften Bd. I.2, S. 691-704.
Siegfried Kracauer, “Montage,” Von Caligari zu Hitler, S. 191-200.
Sichtung:
Berlin, die Sinfonie der Großstadt (Walter Ruttmann, 1927, 65min)
- 1. Juli: Moderne
Lesung:
Theodor Adorno, “Filmtransparente,” Kulturkritik und Gesellschaft Bd. I, S. 353-360.
Theodor Adorno, “Versuch, das Endspiel zu verstehen,” Noten zur Literatur, S. 281-1321.
Theodor Adorno, “Ist die Kunst heiter?,” Noten zur Literatur, S. 599-606.
Sichtung:
Red Desert (Michelangelo Antonioni, 1965, 120min)
- 8. Juli: Gegenöffentlichkeit
Lesung:
Jürgen Habermas, “Einleitung,” Strukturwandel der Öffentlichkeit, S. 54-85.
Alexander Kluge/Oskar Negt, “Strukturwandel der Öffentlichkeit: kapitalistische ‘Kulturrevolution’ – proletarische Kulturrevolution,” in Öffentlichkeit und Erfahrung, S. 267-310.
Alexander Kluge, “On Film and the Public Sphere,” in Alexander Kluge: Raw Materials for the Imagination, S. 33-49.
Alexander Kluge, “The Sharpest Ideology,” in Alexander Kluge: Raw Materials for the Imagination, S. 191-196.
Sichtung:
Die Patriotin (Alexander Kluge, 1979, 121min)
- 15. Juli: Utopie
Lesung:
Theodor Adorno, “Gesellschaft,” in Ästhetische Theorie, S. 334-386
Theodor Adorno, “Parataxis,” in Noten zur Literatur, S. 447-491
Jean-Marie Straub, “An Attack on the Reproducibility of the Work of Art,” in Writings, 201-203
Jean-Marie Straub, “Hölderlin, That is Utopia,” in Writings, 204-207.
Sichtung:
Der Tod des Empedokles (Jean-Marie Straub/Danièle Huillet, 1987, 132min)
Sommersemester 2021, Institut für Theater-, Film- und Medienwissenschaft
Dozent: Dr. Daniel Fairfax
Kursbeschreibung:
“Aus jedem Besuch des Kinos komme ich bei aller Wachsamkeit dümmer und schlechter wieder heraus.”
Dieses berüchtigte Zitat von Theodor Adornos Minima Moralia gilt als Beweis für eine andauernde Feindseligkeit zwischen einer der Grundüngsfiguren der Frankfurter Schule und dem Medium des Kinos. Zwar war der Film für Adorno und Max Horkheimer eines der effektivsten Werkzeuge der “Kulturindustrie” in modernen Gesellschaften, die dazu diente, die Heraufkunft einer befreiten Welt zu vereiteln. Andere Denker, die mit dem Institut für Sozialforschung assoziert war, wie etwa Siegfried Kracauer oder Walter Benjamin, erkannten jedoch die künstlerischen Möglichkeiten des Films, wenn er von den kommerziellen Geboten der kapitalistischen Filmindustrie entfesselt wird, und Texte wie “Das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit” und Von Caligari zu Hitler sind jetzt Grundpfeiler der Filmwissenschaft. Auch bei Adorno gab es hin und zu Momente, wo er ein nuancierteres Verständnis der Funktion des Bewegtbildes als ästhetisches Material anbietet, und es ist beachtenswert, dass einer seiner geistreichsten Schüler, Alexander Kluge, zu einem der wichtigsten Mitglieder des deutschen Kinos geworden ist.
In diesem Seminar untersuchen wir das konstellarische Verhältnis zwischen der Filmproduktion des zwanzigsten Jahrhunderts und der kritischen Theorie der Frankfurter Schule, deren Hauptvertreter oft äußerst diverse Perspektiven zum Kino erläutert haben.
Logistische Verfahren:
Bis auf weiteres wird das Seminar per Zoom durchgeführt, mit dem folgenden Link: .
https://uni-frankfurt.zoom.us/j/95390939289?pwd=SnVEVlZiUXFLYkQvOXMvS0tjdTlqUT09
Meeting ID: 953 9093 9289
Passcode: 681830
Das Seminar ist teilnehmerbeschränkt, mit 30 verfügbaren Plätzen. Ab 30 Plätzen gibt es eine Warteliste. Institutsinternen Studierenden wird Vorrang gegeben. Die ersten zwei Sitzungen sind offen für eingeschriebene Teilnehmende sowie Studierende auf der Warteliste. Ab der dritten Sitzung wird die Warteliste geschlossen.
Alle Sitzungen werden von einer verpflichtenden Filmsichtung begleitet, die um 14 Uhr stattfindet (die erste Sichtung ist wegen Überlänge um 14:00 s.t., die anderen um 14:00 c.t.). Die Filme werden für alle Teilnehmende online zugänglich sein.